Neuer Stadtführer mit doppeltem Nutzen

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Es ist eine Fleißarbeit, die junge Leute am Staatlichen Berufsbildenden Schul-Zentrum Hildburghausen(SBSZ) leisten: Sie erarbeiten einen neuen Stadtführer für Menschen mit Behinderung.

Hildburghausen — Schon vor einem Jahr hatten angehende Abiturienten des SBSZ den Selbstversuch unternommen, mit Rollstühlen durch die Stadt zu kommen und bestimmte Einrichtungen von Ärztehaus über Geschäfte bis zum Altersheim zu erreichen. Nun arbeiten seit September junge Leute, die an der Berufsfachschule ihren Realschulabschluss erwerben wollen daran, in einem neuen Behindertenführer für die Stadt aufzuzeigen, wo sich Leute mit einem Handicap problemlos bewegen können so wie alle anderen auch, aber auch, wo ihnen Barrieren im ganz praktischen wie auch übertragenen Sinne die Teilnahme am öffentlichen Leben in der Stadt erschweren.

Es ist keine leichte Aufgabe, der sich die rund 20 jungen Frauen und Männer da stellen. Das weiß auch Fachlehrerin Petra Roßbach. Die Skepsis bei den Schülern sei anfangs schon sehr groß gewesen. Und auch heute noch bekennen sie auf Nachfrage frei heraus: „Es ist ein Haufen Arbeit!” Trotzdem sind Petra Roßbach und das kleine Team von Lehrern, die das Projekt fächerübergreifend betreuen, davon überzeugt, dass das Ergebnis nicht nur ein Gewinn für Menschen mit Behinderung ist, sondem vor allem auch für die Schüler selbst.

Telefonaktion geplant

„Sie haben gemerkt, dass sie hier selbst eine große Verantwortung dafür tragen, dass ihre Recherchen stimmen, weil sich andere darauf verlassen werden,” Das stärke das Selbstbewusstsein der jungen Leute. „Sie gewinnen Zutrauen zu sich selbst und ihrer Leistung. Sie merken plötzlich: Ich kann ja was”, sagt Petra Rußbach. Und dieses neue Selbstwertgefühl zeige sich auch in guter Mitarbeit und in guten Noten.

Die Materialsammlung für den neuen Behindertenführer ist fast abgeschlossen. Nun geht es daran, die Recherchen noch mal abzuchecken und bei unterschiedlichen Einrichtungen und Unternehmen nachzufragen, was sie tun, um allen Menschen die gleichberechtigte Teilnahme am Leben zu ermöglichen. Dazu werden die Realschüler in den nächsten Wochen eine Telefonaktion starten und in Gesundheitseinrichtungen, Behörden, Ämtern und anderen öffentlichen Einrichtungen anrufen. „Wir würden uns sehr freuen, wenn unsere Schüler dabei große Offenheit und UnterStützung erfahren würden”, sagt Petra Rußbach. Alles kommt schließlich am Ende der besseren Integration von Menschen mit einer Behinderung in der Stadt Hildburghausen zugute. Von Anfang an gehörte Ingeborg Goll vom Bildungs- und Schulungsinstitut (BSI) Hildburghausen zu jenen, die den Jugendlichen jederzeit Unterstützung gegeben haben. Petra Roßbach bedankte sich herzlich dafür. Ingeborg Goll wünscht sich ihrerseits noch mehr solche praxisbezogenen Projekte. Der unkonventionelle, eng mit der Wirklichkeit der Stadt verbundene Unterricht sei immer ein Gewinn für jungen Leute. „Sie werden einbezogen, übernehmen Verantwortung und sehen ihre Stadt mit anderen Augen”, sagte sie. „Sonst werden diese Jugendlichen an den Rand der Gesellschaft gedrückt.”

Dank an die Schüler

Bis zum Schuljahresabschluss Mitte Juli soll der Behjndertenführer druckreif sein. Dann soll er in einer Auflage von etwa 1000 Stück gedruckt werden, aber auch im Internet abrufbar sein:

Wie die Marketingchefin der Stadt, Kerstin Heß, erklärte, seien für den Druck auch Gelder vom Sozialministerium in Aussicht gestellt sowie potenzielle Sponsoren angeschrieben worden. Kerstin Heß wie auch Tamara Koch von der Stadtverwaltung dankten den Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrem für ihr Engagement in Sachen Behindertenführer. „Als Stadtverwaltung hätten wir die Kraft gar nicht gehabt, dieses Angebot so umfassend zu überarbeiten”, sagten sie.

Von Waltraud Nagel

Quelle:
Freies Wort
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