Wein, Weib und ein Hauch großer Historie

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Die Spannung wächst. Hildburghausen fiebert einem historischen Tag entgegen. Der Tag, an dem das große Geheimnis des kleinen Klassikers – das Geheimnis der sagenumwobenen Dunkelgräfin – gelüftet werden soll.

Hildburghausen – Sind es tatsächlich die Gebeine der französischen Königstochter Marie Thérèse Charlotte, die da im Grab auf dem Schulersberg liegen? Am späten Montagabend wird diese Frage mit ziemlicher Sicherheit klar beantwortet sein. Davon gehen Insider und Experten allenthalben aus, nachdem sich bei der heftig umstrittenen Graböffnung im Oktober vergangenen Jahres tatsächlich menschliche Skelettteile und Sargnägel fanden. DNA-Untersuchungen und -Abgleiche einzelner Knochenteile haben geklärt, ob es sich bei der 1837 auf dem Schulersberg beigesetzten Dunkelgräfin tatsächlich um das Kind von König Ludwig XVI. von Frankreich und seiner Gemahlin Marie Antoinette von Österreich handelte.

Film lüftet Geheimnis

Noch freilich sind beteiligte Wissenschaftler und MDR-Mitarbeiter zu strengstem Stillschweigen verdonnert. Bei dem Sender gilt die Quintessenz des Films als eines der bestgehüteten Geheimnisse überhaupt. Erst um 22.05 Uhr beginnt die weit über die Kreisstadt und über Thüringen hinaus mit riesengroßer Spannung, aber auch mit einiger Skepsis erwartete Dokumentation “Die Dunkelgräfin von Hildburghausen” im MDR-Fernsehen. Nur so viel lässt sich der Sender entlocken: Der einstündige Film dokumentiert die einzelnen Untersuchungsschritte und enthält Interviews mit den beteiligten Wissenschaftlern. Aufnahmen von authentischen Orten des historischen Geschehens in Hildburghausen, Eishausen, Paris, Versailles, Wien und Nova Gorica, eingebettete Spielfilmszenen sowie erstmals in einem Film gezeigte historische Dokumente werden den einzigartigen Fall anschaulich darstellen. Spätestens um 23 Uhr wird also klar sein, ob die sterblichen Überreste der Madame Royale tatsächlich in Hildburghausen liegen, oder aber die Stadt ihre geheimnisvolle Dunkelgräfin behält.

“Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Abend für Hildburghausen eine Initialzündung ist”, sieht es Bürgermeister Holger Obst. Wie viele andere Hildburghäuser ist er fest davon überzeugt, dass es sich um die französische Königstochter handelt und die Stadt postum von ihrem Namen und ihren Ruf partizipieren kann. Dafür wurde ein neues Tourismuskonzept gestrickt, das schon fix und fertig in der Schublade liegt. Im September soll es präsentiert werden. “Es ist eine große, ja eine ziemlich einmalige Chance, den Tourismus anzukurbeln, unsere Stadt zu vermarkten und neues Gästepotenzial zu erschließen. Die müssen wir nutzen” , sagt Obst.

Die Erwartungen sind groß im kleinen Hildburghausen. Jeder will was abhaben vom Kuchen. Die Stadt sowieso, aber auch die Hoteliers, die Gaststätten, Händler und Gewerbetreibende. “Mit der Dunkelgräfin lassen sich ganze Produktlinien aufbauen. Man muss es nur wollen und Ideen haben”, wirbt der Bürgermeister für Engagement.

“Historisches Datum”

Angelehnt an das “historische Datum” 28.7.2014 hat Feinkosthändler Frank Neidhardt eine limitierte Auflage von 287 Flaschen Rotwein, Weißwein und Secco kreiert. Zum Public Viewing im Stadttheater werden die Weine ausgeschenkt und können auch als Präsent gekauft werden. Neidhardt ist sicher, dass die Edition reißenden Absatz findet. “Es gibt schon jetzt viele Nachfragen”, sagt er. Andere Händler der Stadt, wie etwa der Blumenladen “Schnippdistel” oder die Buchhandlung am Markt, machen mit eigens dekorierten Schaufenstern auf das Ereignis aufmerksam.

Auf zwei Leinwänden wird die MDR-Dokumentation live übertragen. Alle Plätze – 300 im Theatersaal und 150 im Foyer – waren innerhalb eines Tages vergeben. “Die Karten sind zwar kostenlos, aber ohne gibt es leider keinen Eintritt”, bedauert Holger Obst. Wer also zu spät kam und leer ausging, dem bleibt nur der heimische Fernseher oder das Warten vor der Theatertür. Ein Caterer bewirtet die Besucher mit Thüringer Spezialitäten. Es gibt eine kleine Sonderausstellung, Infostände der Stadt, des Interessenkreises “Madame Royale”, der Buchhandlung am Markt und des MDR Thüringen.

Plan B für alle Fälle

Und wenn die Hildburghäuser Träume platzen wie Seifenblasen und es nachweislich nicht die französische Königstochter ist, die hier bestattet wurde? “Dann haben wir Plan B in petto”, sagt Kerstin Heß, Verantwortliche für Tourismus und Stadtmarketing in der Stadtverwaltung. Denn dann stehe weiterhin das Geheimnis um die Dunkelgräfin und die nicht minder interessante Frage im Raum, wer denn da auf dem Schulersberg begraben liegt.

Public Viewing

Das Stadttheater hat am Montag, 28. Juli, ab 20 Uhr geöffnet. Ab 21.30 Uhr sind die Sitzplätze im Saal und im Foyer einzunehmen. Mit einer Gesprächsrunde auf der Bühne stimmen Eva Hempel und Ute Gebhardt vom MDR, Thomas Meyhöfer vom Interessenkreis “Madame Royale” und Michael Römhild vom Stadtmuseum sowie Bürgermeister Holger Obst ab 21.45 Uhr auf den Film ein. Um 22.05 Uhr beginnt die Ausstrahlung der einstündigen Dokumentation. Im Anschluss gibt es Gelegenheit zu Diskussionen und ein Expertengespräch. Eintritt ist nur mit gültiger Karte möglich.

Von Georg Vater

Quelle:
Freies Wort
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